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Apple WWDC 2022 – Erwartungen erfüllt?

Kaum ein Event wird so herbeigesehnt, wie Apples Keynote oder eben die World Wide Developer’s Conference (WWDC). Im Vorfeld wird immer viel spekuliert, was denn nun neues, bahnbrechendes vorgestellt werden wird. An diesem Glaskugelraten beteiligen wir uns lieber nicht, sondern liefern die Fakten. Was also hat Apple auf der WWDC 2022 Neues vorgestellt? Und qualifiziert sich Apple wieder als „Klassenbester“, oder laufen sie der Konkurrenz nur hinterher? Wurden unsere hohen Erwartungen erfüllt? Um es vorwegzunehmen – oder auch nicht: Ja und nein!

Prozessor: Apple M2

Apple Silicon M2
Apple Silicon M2

Apple stellt den Nachfolger des M1 Prozessors vor, dessen Name nicht überrascht: M2. Die CPU-Leistung steigt bei gleichbleibender Effizienz um 18%. Dabei behält sie jedoch die bisherige Architektur bei, die aus vier Hochleistungs- und vier Effizienzkernen besteht. Die Anzahl der Grafik-Kerne steigt auf zehn, was die Grafikleistung um satte 35% steigert. Der M2 kann nun 24 statt bisher 16GB RAM adressieren, wobei die Speichergeschwindigkeit um ganze 50% auf 100 GB/ steigt. Die Apple ProRes-Encoder und Decoder aus dem bisherigen M1 Pro/Max halten nun auch im Basis M2 Einzug. Die fürs Machine Learning zuständige Neural Engine steigert sich um 40% auf bis zu 15,8 Billionen Operationen pro Sekunde. Diese kann der M2 in den nun 16 Neural Engine Prozessorkernen verarbeiten.

Über 20 Milliarden Transistoren stecken im M2, der noch im 5nm Verfahren gefertigt wird. Dies wird sich vermutlich erst 2023 ändern, wenn die 3nm Technologie Einzug in Apples Prozessoren halten wird. All dies entspricht tatsächlich so in etwa dem, was wir für den M2 erwartet haben. Natürlich ist es im Verhältnis zum M1 kein Quantensprung mehr, aber eine solide Weiterentwicklung, die wohl vor allem Medienschaffenden zugute kommen wird. Vermutlich werden auch Gamer deutlich vom M2 profitieren können, aber dazu später mehr…

Apple MacBook Air M2 & MacBook Pro 13″ M2

Neue Geräte gab es auch zu sehen. Am umspektakulärsten ist wohl das Apple MacBook Pro 13″ M2, das sich äußerlich absolut gar nicht verändert. Lediglich der neuen Prozessor M2 ersetzt den M1. Ich persönlich nutze noch genau dieses M1 MacBook Pro 13″ und werde wohl keine Veranlassung haben, hier ein Upgrade vorzunehmen. Für mich ist es in der Maximalausstattung mit 16GB RAM und 2TB SSD das tägliche Arbeitstier. Das treibt am Schreibtisch ein Setup mit großem Monitor und diversen externen Geräten an. Unterwegs dient es als Aufnahmegerät und Schnittplatz. Dabei reicht die Leistung in meinem Workflow als Musiker und Medienschaffender völlig aus. Das neue MacBook Air M2 indes hat mich positiv überrascht.

Mit dem neuen MacBook Air M2 stellt Apple den ersten Mac vor, der speziell um den neuen Prozessor herum entwickelt wurde, um genau auf dessen Spezifikationen ausgerichtet zu sein. Natürlich finden wir auch im neuen MacBook Air M2 keinen Lüfter, so dass wieder ein absolut lautloser Betrieb gewährleistet ist, den nicht nur die meisten Musiker-Kollegen so sehr schätzen, sondern auch jeder andere, der einmal mit einem so leisen bzw. lautlosen Gerät gearbeitet hat. Neue Gehäusefarben zählen jetzt nicht zu meinen Highlights, aber der Vollständigkeit halber sei erwähnt dass es das neue Air nun nicht mehr nur in Silber und Space Grey gibt, sondern auch noch in Polarstern (ein ganz dezenter Goldton, der aber eher silbern wirkt) und in Midnight, was ein extrem dunkles Marineblau ist, das eher schwarz wirkt, also nochmal sehr viel dunkler als Space Grey.

Bildschirm

Die Bildschirme des MacBook Air M2 bleiben zwar LCD-Panels, wachsen aber leicht auf 13,6″, beinhalten nun eine Noch mit Full HD Webcam und werden 25% heller, als die Displays der Vorgänger. Auch die Farbgenauigkeit erhöht sich nun auf ein professionelles Niveau, so dass auch Fotografen und Medienprofis mit dem neuen MacBook Air M2 professionell arbeiten können. Leider wachsen nicht nur Display und Leistung, sondern auch der Preis.

Der Grundpreis erhöht sich um 300€, jedoch lässt Apple es sich natürlich etwas kosten, wenn der Nutzer professionellen Ansprüchen folgend den Prozessor mit den beiden nun mehr erhältlichen Grafikkernen (+120€) oder gar den nun maximal adressierbaren 24GB RAM (+460€) ausstattet. So bekommt man ein neues MacBook Air M2 zwar schon ab 1.499€, kann aber auch 2.999€ dafür ausgeben, wenn man es maximal konfiguriert, Dafür bekommt man dann auch schon ein 16″ MacBook Pro in einer wirklich brauchbaren Ausstattung. Wie meistens bei Apple gilt also, dass für die Basismodelle meist auch die Basisausstattung die sinnvollste Variante darstellt.

MagSafe

Natürlich ist auch der neue MagSafe Anschluss für die Stromversorgung mit an Bord, der nun mit bis zu 67W wirklich schnell lädt. Daneben gibt es zwei Thunderbolt / USB 4 Anschlüsse und einen 3,5mm Klinkenanschluss. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die neuen Mikrofone aus den neuen MacBook Pro Modellen, die nun im MacBook Air M2 ebenfalls Aufnahmen „in Studioqualität“ liefern sollen. Weitere Anschlüsse sucht man hier vergebens, jedoch denke ich persönlich nicht, dass man diese beim MacBook Air M2 vermissen wird. Das „Neue“ hat zwar eine gerade Form bekommen und wirkt dadurch etwas massiver als der keilförmige Vorgänger, ist aber sogar ein wenig leichter geworden und bleibt damit das ultimative Reise-Notebook. Die Batterielaufzeit dürfte auf ziemlich exakt dem selben Niveau liegen wie die des Vorgängers und so kann man sich immer darauf verlassen, einen Arbeitstag gut zu überstehen.

One More Thing

…gab es leider nicht. Apple hat keinerlei weitere neue Geräte vorgestellt. Kein Mac Pro, kein AR/VR Headset, keine AirPods Pro 2, kein Mini AppleTV, kein sonstiges Gadget. Es bleibt abzuwarten, wann Apple hier nachliefert, denn überrascht hat Apple diesbezüglich auf dieser WWDC niemanden und ist eher hinter den Erwartungen zurück geblieben…

iOS 16

iOS 16
iOS 16

Interessanter wird es im Hinblick auf die neuen Betriebssysteme. Das geht los mit iOS 16, einem der wohl größten Updates für das iPhone, das es jemals gab. Alle neuen Features aufzuzählen, wäre vermutlich vergebliche Liebesmüh, denn ich würde garantiert das eine oder andere unterschlagen, so zahlreich sind die Neuerungen und Verbesserungen im neuen iOS 16. Darum beschränke ich mich auf meine persönlichen Highlights und bin schon sehr gespannt darauf, diese dann in der finalen Version in Händen zu halten.

Nicht nur ein neuer und endlich komplett personalisierterer Sperrbildschirm hält Einzug ins neue iOS 16, sondern auch noch Widgets, die direkt dort platziert werden können und interaktiv agieren können. Je nach Fokus lassen sich sogar unterschiedliche Sperrbildschirme für unterschiedliche Szenarien anpassen, so dass der Sperrbildschirm während der Arbeit beispielsweise andere Informationen und Widgets beinhaltet als der Sperrbildschirm in der Freizeit oder beim Workout oder, oder, oder… Die Fokus-Funktion wurde weiter verfeinert und verbessert, so dass es sich nun tatsächlich sehr viel fokussierter arbeiten lässt, ohne Wichtiges zu verpassen.

Nachrichten

Nachrichten ist nicht mehr nur ein Messenger, sondern nun auch die Zentrale für SharePlay und Teamwork. So lassen sich nicht nur Filme, Serien oder Podcasts zusammen ansehen und darüber reden, sondern auch Notizen, Präsentationen, Erinnerungen, Safari-Inhalte und vieles mehr für ein Team teilen und so eine Zusammenarbeit an diversen Dokumenten und Projekten ermöglichen. Was das im Einzelnen bedeutet, wird sich erst im Zusammenspiel mit macOS und iPadOS so richtig zeigen und da gibt es vieles, worauf ich mich sehr freue.

Die Diktierfunktion erweitert sich erheblich. Jetzt lassen sich auch Emojis diktieren und man kann direkt zwischen Tippen und Diktieren wechseln und den Cursor dabei beliebig verschieben, so dass das Diktieren deutlich vereinfacht wird. Auch soll das Diktat nun problemlos offline laufen und Satzzeichen intelligent eingefügt werden. Ich bin gespannt, ob dies so gut funktionieren wird, wie ich es vom Google Pixel 6 her kenne…

Apple Karten

Apple Karten verbessert sich, ebenso wie Apple Pay und Wallet. Hierzulande wird es zwar noch eine Weile dauern, aber in bestimmten US-Bundesstaaten lassen sich nun auch Führerscheine und Personalausweise in die Apple Wallet integrieren, so dass man keine weiteren Dokumente mehr mit sich führen muss. Auch Apple Home erfährt wohl ein großes Update, so dass das smarte Zuhause immer besser vernetzt werden kann und noch mehr Geräte unterstützt werden (Stichwort „Matter“-Integration).

Health App

Die Health App verwaltet nun auch Medikamente und erinnert an Medikationen, was tatsächlich sehr hilfreich sein kann. Die Fitness App wird für den Betrieb ohne Apple Watch verbessert und ich habe die Hoffnung, dass sie dann auch mit den Daten anderer Smartwatches gefüttert werden kann.

Apple CarPlay

Apple CarPlay erhält wohl das größte Update in seiner Geschichte, erscheint aber erst Ende 2023. So soll es möglich sein, das komplette Cockpit unterstützter Fahrzeuge zu „übernehmen“ und dieses nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen anzupassen – auch fahrzeugübergreifend. So lässt sich das Nutzererlebnis des Fahrers für jedes Fahrzeug vereinheitlichen, was die Wahl des Fahrzeugs an sich sehr viel unerheblicher macht.

Damit ist noch lange nicht Schluss, denn fast alle relevanten Apple Apps werden mit neuen Funktionen erweitert, noch besser ins Apple Ökosystem integriert und verbessert. Größere Neuerungen wird es auch für Apple Mail geben. Allerdings wird iOS 16 erst ab dem iPhone 8 bzw. SE (2. Generation) laufen. Wie inzwischen bei Apple üblich, bekommen also alle Geräte noch ein Update, die nicht mehr als 6 Jahre auf dem Buckel haben, was in der Smartphone-Welt noch immer einzigartig ist. Ich gehe sogar davon aus, dass auch die iPhone 7 Generation von der reinen Hardwareleistung noch in der Lage dazu wäre, iOS 16 sehr flüssig laufen zu lassen, aber Apple geht hier auf Nummer Sicher und gibt das neue System erst ab dem iPhone 8 frei.

macOS Ventura

macOS Ventura
macOS Ventura

Alles wird schneller und besser. Das betrifft natürlich auch Apples Desktop-Betriebssystem. Eine neue, stark verbesserte Suchfunktion steht dabei ebenso auf dem Programm wie viele neue Funktionen in Mail, in dem sich nun Mails zurückholen lassen, später senden und weiter bearbeiten lassen und noch mehr angehängt werden kann. Natürlich wird Safari wieder besser und vermutlich wieder zum schnellsten Browser unter der Sonne. Nachrichten erhält die gleichen Erweiterungen wie unter iOS und wird nun zur Schaltzentrale für die Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen oder Teams.

Die größte Änderung jedoch dürfte der neue Stage Manager sein, der das Multitasking unter macOS organisiert und diverse Ansichten bietet, die das Arbeiten fokussierter und angenehmer machen sollen.

FaceTime Anrufe lassen sich nun nahtlos zwischen iPhone, Mac und iPad wechseln. Sogar die iPhone Kamera lässt sich als unfassbar gute Webcam nutzen inklusive Folgemodus, Porträtmodus und sogar einer Schreibtischansicht, die Gesicht und Schreibtisch des Nutzers im Split View anzeigt und ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit bietet. Zusammenarbeit wird auch in einer neuen App auf die Spitze getrieben. Freeform heißt das neue Tool, das quasi eine unendlich große Pinnwand darstellt, auf der man alles platzieren kann, was man nur möchte. Text, freies Skizzieren, Bild, Video und Ton lassen sich hier beliebig kombinieren und im Team in Echtzeit bearbeiten. Das dürfte spannend werden,

Das klingt alles ziemlich einfach und doch revolutionär. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich all dies in der Praxis bewährt!

iPadOS 16

iPadOS 16
iPadOS 16

Das neue iPadOS 16 scheint alles zu vereinen, was es in iOS 16 und in macOS Ventura schon an Neuerungen gibt. Der neue Stage Manager aus macOS hält nun Einzug in iPadOS. Selbst externe Monitore lassen sich nun bei Anschluss von Maus/Trackpad und Tastatur perfekt nutzen, bis zu einer Auflösung von 6K! Die Auflösung der Displays wird sich skalieren lassen und ein Referenzmodus macht das 12,9″ iPad Pro M1 nun endlich zum perfekten Tool für Fotografen und Medien-Profis. Auch Freeform kommt auf das iPad, so dass Zusammenarbeit nun nicht mehr zwingend einen Mac erfordert, sondern das iPad für viele zum echten Desktop-Rechner-Ersatz werden kann Dazu tragen auch neue „Desktop Apps“ bei, was auch eine neue Dateiverwaltung beinhaltet und die Möglichkeit bietet, Symbolleisten nach den eigenen Bedürfnissen anzupassen.

Ein wirklich großer Wurf ist das neue iPadOS zwar, hinterlässt aber erneut einen bitteren Beigeschmack, hätten wir uns doch maßlos über ProApps wie Final Cut Pro und Logic Pro auf dem iPad gefreut, das dann endgültig für viele (auch für mich persönlich) das iPad zum vollwertigen PC-Ersatz hätte werden lassen. So bleibt dieser kleine Wermutstropfen, dass ich für die Musikproduktion und den Videoschnitt nach wie vor das MacBook im Rucksack haben muss… Immerhin für fast alles andere ist das iPad inzwischen aber gerüstet und das freut mich sehr!

watchOS 9

watchOS 9
watchOS 9

Im Prinzip gehen die Neuerungen bei watchOS nahtlos weiter und bieten keine Überraschungen für alle, die sich mit den neuen Funktionen von iOS 16 bereits vertraut gemacht haben. Natürlich lässt sich die Medikation aus Apple Health mit watchOS besser überwachen. Auch der Schlaf lässt sich nun endlich ordentlich tracken. Laufen, Schwimmen und Radfahren werden nun erheblich professioneller behandelt und auch im Kombinationssport automatisch erkannt (z.B. für Triathleten). Natürlich gibt’s auch jede Menge neue Zifferblätter (für die, die das ernsthaft interessiert) und Features für Kinder bzw. zur Familienkonfiguration. Das macht die Apple Watch noch besser, weil noch besser integriert ins Apple Ökosystem, aber diese Erfahrung machen ja ohnehin nur Apple-Nutzer, denn ohne iPhone lässt sich die Apple Watch nach wie vor nicht betreiben bzw. sinnvoll nutzen.

Gaming

Mich persönlich interessiert dieser Bereich nicht, da ich so gut wie nicht mit meinen Apple Geräten spiele, aber auch und gerade hier hat sich viel getan „unter der Haube“ der Systeme. Die neue Metal 3 Engine bringt wohl sensationell gute Grafik in hohen Bildraten sowohl aufs iPad als auch auf den Mac und wird für beeindruckende Spiele auch von Drittentwicklern sorgen. Was hier noch im Einzelnen passieren wird, lässt sich noch gar nicht absehen. Warten wir ab, was während der WWDC noch so alles passieren wird und wie sich die Entwickler und vor allem die großen Spiele-Hersteller hier positionieren werden.

Fazit

Ich bin enttäuscht. Gleichzeitig bin ich aber auch begeistert. Das ist wirklich seltsam! So gegensätzlich waren meine Gefühle angesichts der tatsächlich gezeigten Neuerungen noch nie. Ich hätte mich so sehr über etwas wirklich Revolutionäres gefreut. Mit der Apple VR/AR Brille hatte ich ernsthaft gerechnet und diese wird sicherlich die komplette IT-Welt verändern – aber eben noch nicht jetzt. Zukunftsmusik bleiben auch Apples Pro-Apps für das iPad. Das hat mich wirklich schwer enttäuscht. Aber dennoch bleibt kein schaler Beigeschmack, denn alleine schon der neue Stage Manager für macOS und iPadOS in Verbindung mit dem Monitor-Support für iPadOS werden mir den Alltag leichter machen und schöner noch dazu.

Das neue Freeform wird sicher die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen in den unterschiedlichsten Bereichen deutlich vereinfachen und verbessern, gerade auch in Verbindung mit dem iPad als Webcam und dem entsprechenden nahtlosen Übergang der Geräte beim Video-Call. Darauf freue ich mich schon so sehr, dass die nicht erfüllten Erwartungen mich tatsächlich nicht runterziehen. Gespannt bin ich vor allem auch auf die verbesserte Intelligenz der Systeme. Foto-Motive freistellen, Text aus Fotos und Videos kopieren / übersetzen, verbesserte Diktatfunktion, Desktop Apps und neue Bedienungshilfen werde ich vermutlich lieben, täglich nutzen und schon sehr bald wieder vergessen, weil sie sich sehr schnell „normal“ anfühlen werden. Aber so ist das nun mal in der IT-Welt. Die Sensationen von heute sind die Normalität von morgen. Apple macht dies sehr eindrücklich vor und ich profitiere nur zu gerne davon.